Denis Škofič (1985) ist Dichter, Schriftsteller und Literaturkritiker. Er machte sein Diplom an der Philosophischen Fakultät in Maribor im Fach slowenische Sprache und Literatur. Er war Redakteur für Prosa und Literaturkritik bei der Studentenzeitschrift Liter jezika (Liter der Sprache), und er publiziert in verschiedenen Literaturzeitschriften und andere gedruckte sowie elektronische Medien. Mit seiner Kurzgeschichte mit dem Titel Krähen, Kritzeleien und Konfetti (Litera, 2017) wurde er in den Sammelband des internationalen Festivals der kommenden Literatur Alpe Adria platziert. Er wirkte auch bei der Monographie Portreti sodobne slovenske literature (Porträts der zeitgenössischen slowenischen Literatur) (1991–2016) in der Ausgabe des Verlags Fit media (2017) mit. Als Dichter jüngerer Generation erlangte er bisher zahlreiche Zeitschriften- und Rundfunkpublikationen, im Jahre 2014 war er Pranger-Gast, und zweimal auch Finalist des Dichterturniers (2011 in 2017). Im Jahre 2013 gab er beim Verlag Beletrina sein dichterisches Erstlingswerk Sprehajalec ptic (Vogelspazierer) heraus, der einen warmen Empfang sowohl bei Lesern als auch bei Kritikern erlebte, und wurde für Jenkos Preis und Kritikersieb nominiert. Zu beginn des laufenden Jahres erschien darüber hinaus sein zweiter Geichtband – Seganje.

DENIS ŠKOFIČ – GEDICHTE AUS DEM BAND DER VOGELSPAZIERER
Dort stand eine Wiese. Sie war tief gebückt über das Reh und weidete auf ihm. Mit ihrem grünen Maul wühlte sie im ausgedörrten Gras des Fells und riss rote Fleischrosen aus. Hastig schluckte sie den ganzen Herzapfel hinunter, nicht einmal die Bleikerne spuckte sie aus.

Dort stand ein Kirschbaum. Er flocht an einem Nest aus Sperlingen und Staren. Sie lagen rund um ihn herum wie aufgemachte Austern, aus denen Elstern graue Perlen klauten.

Hie und da lag ein Mensch. Auf seiner eingefallenen Brust sah man die Spur von Kolben des Gewehrs, auf dem er noch eben zuvor geritten ist.

…
In den Ratten wurden Häuser ausgebrütet. Große, kleine, mit schuppigen Rücken und staunenden Fenstern.

In den Ratten wurden Häuser ausgebrütet. Sie winseln mit den Türen, heulen mit den Toren, quietschen mit den Angeln, wenn sie an ihrem Fleisch nagen, ihre Knochen aushöhlen und ihre Hausnummern in deren Gedanken einkratzen.

In den Ratten wurden Häuser ausgebrütet. Ekelhafte Ziegelbauten oder mit zottigen Frontseiten und langen Schwänzen der Garagen. Voll gefräßiger Schmarotzer, ganz verschorft von eigener Gefräßigkeit.

In den Ratten wurden Häuser ausgebrütet. In ihren kalten Brüsten schlagen heiße Öfen und auf ihrem hinterhältigen Dachboden träumt die Zuflucht.

…
Sie fahren auf länglichen Flößen aus Bambus heran, sie treiben sie mit langen Rudern langsam auf dem dunklen Fluss voran. Auf den Bugen der Flöße hängen Lampen, ihr mattes gelbes Licht ergießt sich über den Fluss und trübt ihn wie der Monsunregen, und dicht an ihnen ruhen Kormorane mit gesenkten Köpfen und mit um die Hälse gebundenen Schlingen, auf den Hecken der Flöße schaukeln große geflochtene Körbe. Zarte Hände legen die Ruder ab, greifen die Kormorane an den Hälsen und werfen sie in den Fluss. Die aufgeweckten Kormorane verschwinden mit einem Plätschern in der Tiefe und kehren mit Fischen in den Schnäbeln zurück. Zarte Hände ziehen Fische aus den Schnäbeln und werfen sie in Körbe. An mir verspüre ich die Wärme einer Hand, die mich streichelt. Ich fahre vom angenehmen Gefühl zusammen, aber dann drückt die streichelnde Hand mich am Hals und schmeißt mich in den Fluss. Ich tauche wieder auf der Oberfläche auf mit einem Fisch im Schnabel, den ich wegen der zugedrückten Schlinge um den Hals nicht essen kann. Die Hand entreißt ihn mir und schmeißt ihn in den Korb, während sie mich zurück zur Lampe setzt. Ich beobachte wieder, wie vor mir sich das mattgelbe Licht über den Fluss ergießt und es wie der Monsunregen trübt, und ich wünsche mir, es möge über meine Ufer treten.