Aljaž Koprivnikar (1987), Dichter und Literaturkritiker. Seine Poesie wurde sowohl in slowenischen als auch internationalen Literaturzeitschriften und Antologien veröffentlicht und ins Englische, Tschechische, Griechische, Kroatische, Deutsche und Serbische übersetzt. Derzeit lebt er zwischen mehreren Städten – Ljubljana, Berlin, Prag und Lissabon – gespannt. In die erste kehrt er wieder, um das internationale Kritikersymposium Kritikkunst mitzuorganisieren, in der zweiten bereitet er mit dem Slowenischen Kulturzentrum die Antologie der jungen slowenischen Literatur in deutscher Übersetzung vor, in der dritten leitet er als Programmdirektor das internationale Literaturfestival Microfestival, und in der letzten lehrt er slowenische Literatur an der Faculdade de Letras Lisboa.
37.2 Trillionen Zellen
(davon 200 verschiedene Typen)
100 Billionen Haut- 127 Millionen Netz- 129 Millionen Stab- Manchmal haben wir eine Seele 6 Millionen Kegel-
Niemand allezeit
Für sich
100 Billionen Neurone im Gehirn
(die im Wachzustand genügend Strom erzeugen, eine Leuchte einzuschalten)
Rund 60.000 sinnvoll geordnete Gedanken/Tag, 1 Million Billionen Bites gesp. Information
Es gibt Begegnungsräume, leicht verputzt oder nur überklebt mit Flicken,
Teppichen anstatt von Wänden, Staub anstatt von Knörpel in Gelenken
und mit Wind unter den Türen.
Rühr Dich nicht.
60 Millionen sensorische Rezeptoren
1000 die Geruchssinn ermöglichen 96 Millionen, die Sehkraft ermöglichen
(die Nase nimmt 50000 versch. Gerüche wahr) (das Auge hat eine Auflösung von 576 Mpxl)
Im Hinblick auf die Ewigkeit ist es unwichtig, ob in dieser
Welt, nebeneinander mit diesem Körper (oder einem anderen), vom Augenblick an
Standpunkt: Die Leere wählen. Und warten.
DAS HERZ
115200 Herzschläge pro Tag
Wird im Lauf eines Lebens Wird wg. des eigenen elektrischen 1,5 Millionen Barrel Blut Pulses auch außerhalb unserer Körper
umgießen schlagen
Einmal ebnet sich die Zei, vielleicht,
nur in der Angst oder Unruhe aus der Kindheit,
manchmal in der Altersüberraschung.
6 Liter Blut
(Darin gibt es genug Eisen, um einen 7,6 Zentimeter langen Nagel herzustellen)
42 Billionen Butgefäße 30 Trillionen rote Blutkörperchen
Emotionen gibt’s in diesem Körper, die keine Vergangenheit bereuen.
Ein Organismus absorbiert den anderen.
Durch die zerrissene, zerschnittene, zerkratzte Haut, die zyklische Einstiche immer wieder, immer wieder
zulässt.
206 Knochen
(300 bei unserer Geburt)
640 Muskeln Die Makro-Welt fügt sich zur Mikro-Welt. 360 Gelenke
In der Entfernung anderer Städte ungefähr.
Falten, wo sich einmal eine Ebene befand.
Zuwendung an sich selbt im Interesse eigener Erlösung.
Kreation von Körpern aus Wörtern.
Aus nichts:
23, 040 Ausatmungen am Tag
(die gleiche Zahl Einatmungen)
100 verlorene Haarsträhnen pro Tag 800 ml vergossenen Schweißes pro Tag
Tausende von Wörtern: Verwickeln der Wörter durch den Körper, Auspeitschen des Körpers,
Ungeschicklichkeitskonturen. Raum.
Unabgestimmtheit … und Anstieg von lärmigen Bildnissen. Lösen.
Reich die Hand.
Für tausend Gespräche,
wenn das, lieber Stille.
(Jeden Tag erzeugt das Herz genügend Energie für eine 32 km lange Fahrt eines Lastwagens)
(In einem durchschnittlich langen Leben füllt man zwei Schwimmbecken mit dem Speichel – 23, 000 Liter)
(Unsere unverkettete DNA mit allen Zellen reicht für den Abstand von der Erde bis Pluto und zurück)
(Unsere Finger können Gegenstände erfühlen, die weniger als 13 Nanometer betragen)
(Unsere Lippen sind 100 mal empfindlicher als Fingerspitzen)
Wir brauchen
Offensichtlich dennoch
Dennoch offensichtlich
braucht es uns
auch aus einem Grund.
(100,000 chemische Reaktionen finden in unserem Gehirn jede Sekunde statt)
(Unsere Knochen sind 5 mal stärker als Stahl)
(Durchschnittlich sprechen wir ungefähr 4800 Wörter täglich aus)
(Im Schnitt widmen wir im Leben 2 Wochen dem Küssen)
(Nervenimpulse reisen durch unseren Körper mit rund 90 m/s)
Sie laufen zwischen Lichtern
und wir verschwinden durch die Tür.
In einem Haufen trockenen Laubes decken wir uns mit Zweigen zu
und warten (un)ruhig
dass die Zeit kommt.
(Unsere durchschnittliche Lebensdauer beträgt 2,475,576,000 Sekunden. In dieser Zeit sprechen wir durchschnittlich rund 123.205.750 Wörter aus, lieben uns 4.239 mal und lediglich etwas mehr als 70,000 Zellen unseres Körpers sterben beim Lesen des allerletzten Verses.)
Unvollendete Dinge werden zu Ruinen
Jeder Schritt
außerhalb des Zimmers
stellt dich um
man wird Platz machen müssen
speichern
Leben
Photographien
Bücher
….
wenn die Knochen der Wörter
zerbrechen
zu einem immer größeren Akkord
wenn wir zwei
das Herz trockensaugen
  oder vielleicht
im Schlupfwinkel
unseren
Adern
folgen
lockern wir
den Druck
der Wand
Hier. Unter diesem Laub. Verlieren wir das Blut. Verlieren wir die Wärme.
Wie die Katze ihre Jungen packst Du mich und trägst mich da-von, schlafen.
(Dem) Winter
der Tag ist still zerbrechlich wie Eierschalen
und die Bäume draußen zerbrechlich
wenn sich das Licht bricht
langsam
um die symmetrischen Ecken
des Endes der Welt
die Blätter fallen und die Kronen
lassen ihre Finger bis
zum Boden hängen alles ist weiß
vom Morgentau
und der Morgen
setzt sich fort
den ganzen Tag
dauert er an
bis nach Mitternacht
und gar bis
zum letzten Baume
dem Dach und den Lichtern in den Fenstern
jemand beobachtet (dort) einen Schneesturm
und das Fliegen zierlicher Schneeflocken, die ihre Zacken
dem Winde zuneigen
jemand (von dort) beobachtet wie das Wasser des Regens
dem Schnee wie eine Witwe hinterhertrauert
und zählt die Sterne im Wald des Abends
und seine Gedanken und Sekunden
sind weiß von Momenten
zerbrechlicher Momente
wenn jemand für ihn atmet
Wir sprechen aneinander vorbei und wiederholen
alles auf einer bestimmten Frequenz
alles geht im Kompromiss aus
schon seit Jahren leben wir
zwischen diesen gruseligen Türen und der Zärtlichkeit
in den Abendstunden mit dem Feuer unserer Gedanken
die sich wünschen
anderswo zu sein (überall)
und stets ein anderer (mit einem anderen)
wir gehen von der Stille aus
mit der wir uns selbst ausgebaut haben
im Bett
im Bad
in der Küche
und immer lautloser bleibt die Kopulation
in der wir uns immer zerkratzt und zurückgezogen haben
in alles was ein wenig zurück ge-/stehen muss
in die Stille
in die Spalte unserer Haut
in den Eintrag des heutigen Datums
damit wir uns dann morgens aus noch heißem Kaffee
wieder gegenseitig
Blicke zuwerfen können
und an feste Gegenseitigkeit glauben
und die Müdigkeit und Falten des Verdrusses
am Parkett unserer Wohnung die zu brennen aufgehört hat nicht bemerken
unter Flecken und Partikeln verstreut
die wir beharrlich mit Ikea-Tüchern wischen
dann hängt die Zeit noch immer
jetzt hängt die Zeit noch immer
auf unseren Lippen
und wir fragen uns wie die
gemeinsamen Frühstücke
zu erhalten sind und das Betrachten von Bomben im Fernsehen wie sie auf offene Häute Aleppos in unseren Wohnzimmern fallen und uns nichts mehr überrascht weder die entfernte Zukunft noch die nahende Vergangenheit
wir sind Menschen und es ist menschlich nicht wegzusehen





